Mein Weg zum Teil 3

Abgeschickt von Ein Reisender am 28 August, 2002 um 14:54:44:

Mein Weg zum Islam

Ich beschäftigte mich schon viele Jahre mit dem Islam, doch nie ist mir der Gedanke gekommen, dass ich selbst einmal Muslim werden könnte. Was für eine absurde Idee! Ich und Muslim - niemals! Das Christentum war für mich die richtige Religion, weil... Ich weiß eigentlich nicht genau warum, ich habe auch keine wirklichen Beweise, aber es war für mich einfach so. Ich eignete mir trotzdem ein fundiertes Wissen über den Islam an, doch er tangierte mich ganz persönlich, ganz tief in meinem Herzen eigentlich wenig. Ich war römisch-katholische Christin, und war ganz zufrieden mit dem Tiefschlaf, indem ich mich befand. Warum ich mich gerade für diese Religion interessierte? Nun manch einer von Ihnen wird sagen, dass ist wieder mal typisch, aber Auslöser meines Interesses war ein Mann, nämlich mein Ehemann. Wenn dein Partner eine andere Religion hat als du, weckt dies zwangsläufig eine gewisse Neugier. Doch war der Islam für viele Jahre immer nur die Religion meines Mannes und nicht mehr. Ich hatte meinen Glauben und er hatte seinen. Nach acht Jahren katholischer Privatschule sollte man meinen, dass man über das Christentum Bescheid weiß und seines Glaubens sicher ist, doch erst viel später stellte ich fest, dass dem nicht so war. Ich erklärte oft meinem Mann, dass man an gewisse Sachen als Christ einfach glauben muss, ohne sie tiefgründiger zu hinterfragen - ansonsten ist man kein Christ. Anders konnte ich mir bzw. auch ihm gewisse Dinge auf seine logisch gestellten Fragen einfach nicht erklären. Aber was macht das schon!? Warum etwas hinterfragen oder sogar in Zweifel stellen! Ich bin ein gläubiger Mensch, tue niemanden was zuleide, ich habe auch niemanden umgebracht und befolge die zehn Gebot - zumindest so gut wie möglich. Übrigens, können Sie, ohne die Bibel in die Hand zu nehmen alle zehn Gebote aufzählen? Außerdem bin ich getauft und ich bereue meine Sünden - das Paradies schien mir sicher. Welche Sünden außerdem? Machte ich überhaupt welche? Zur Beichte ging ich seit Ende meiner Schulzeit nicht mehr, obwohl dies laut Kirchenlehre die einzige Möglichkeit für eine Absolution meiner Sünden ist. Also doch nicht so heilig? Wenn ich jetzt so zurückblicke, kommt es mir vor, als wäre ich all die Jahre mit Scheuklappen herumgelaufen. Scheuklappen wie man sie von Pferderennen her kennt. Man bindet sie den Pferden um, damit sie weder rechts noch links schauen können. Der Islam beschreibt dies treffend als "Zeit der Unwissenheit". Obwohl ich mich immer als die selbständige, emanzipierte, aufgeschlossene und selbstdenkende junge Frau gesehen habe, muss ich mir selbst eingestehen, dass diese Eigenschaften in Bezug auf meine Religion ihre Grenzen fanden. Ich hinterfragte nichts und niemanden, ich sah keine Widersprüche oder Ungereimtheiten. Doch dies sollte sich schlagartig ändern. Es begann alles eigentlich damit, als mein Mann mir so nebenbei erzählte, dass eine flüchtige Bekannte von uns, zum Islam übergetreten sei. Meine erste Reaktion: "Um Gottes Willen! Nein! Das darf nicht wahr sein! Was haben denn die mit ihr gemacht! Hat ihr Mann es nun tatsächlich geschafft! Die Arme!" Eine selbständige Entscheidung, selbständiges Denken bzw. ein bewusst eigenwilliges Bekennen, wollte ich dieser Bekannten nicht zugestehen. Leichter war es natürlich sich mit dem Vorurteil einer stattgefundenen "Gehirnwäsche" zu beruhigen, als sich mit der sich aufdringenden Fragen auseinander zusetzten, warum eine Frau, die Mitten im Leben steht, eine solche Entscheidung getroffen hat. Welche Arroganz mich doch damals eigentlich überkam! Nun kam es aber so, dass gerade diese Bekannte es war, die einen Stein in meinem Leben zum Rollen brachte. Sie lud mich zu einem "Diskussionsabend mit Frauen", der einmal die Woche stattfindet ein, weil sie meinte, dass ich "gut in diese Runde passen würde, um mitzudiskutieren". Nun, ich ging hin, und sollte dort meine ersten muslimischen Vorbilder kennen lernen. Was für beeindruckende Frauen sich in dieser Runde zusammenfanden, und was für ein Wissen jede von ihnen über den Islam hatte. Ich fing an Fragen zustellen und vieles wurde immer klarer. Es sollte nicht lange dauern, bis ich eine "Schwester im Islam" für sie wurde. Eines jedoch wurde mir bei diesen Gesprächen zuallererst bewusst: Ich hatte keinen blassen Schimmer über das Christentum!!! Das kann doch nicht wahr sein, dass man sich als Christ bezeichnet und sich selbst nicht einmal erklären kann, an was man eigentlich genau glaubt. Was sind die christlichen Glaubensgrundsätze? Wie sieht das Leben nach dem Tod aus? Und die Sache mit der Dreifaltigkeit - wie soll man das genau verstehen? Macht diese Lehre nicht alles viel komplizierter für den logischen Hausverstand? Aber genau diese schwer nachzuvollziehende Behauptung ist doch im Prinzip der Dreh- und Angelpunkt der christlichen Lehre. Ich versuchte das Christentum zu verteidigen, doch dazu brauchte ich hieb- und stichfeste Antworten für meine Verteidigerrolle. Erschreckend war auch die Feststellung, dass mir niemand aus meiner Familie grundlegende Fragen beantworten konnte. Ich solle einen Pfarrer fragen, der kann mir eine Antwort geben. Aber eine Religion, in der nur Geistliche Wissen haben, ist im Prinzip sehr weltfremd. Wenn ich da an meine "Diskussionsrunde" denke, welch ein religiöses Wissen jede einzelne Frau hat! Nicht zu vergleichen mit mir, wo ich doch eine so gute und zufriedene Christin war. Ich dachte mir, dass es sinnvoll wäre, die Bibel etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht liegt die Lösung in ihr, denn wo sonst kann man richtige Antworten finden, als in der "Heiligen Schrift", dem Wort Gottes?! Die Bibel war für mich die Legitimitätsgrundlage des Christentums. Ich sollte aber auf einige Ungereimtheiten und Widersprüche stoßen, die mir zuvor nie aufgefallen sind bzw. über die man einfach drüberliest. Ich fand auch Abschnitte, in denen die Frauen, was ihre Rechte angeht, nicht besonders gut wegkommen. Das Wort "frauendiskriminierend" würde die Sache wohl treffen. "Aber das kann man nicht so sehen! Man darf nicht alles wörtlich nehmen, sondern bildhaft, symbolisch! Das war damals, und heute ist das nicht mehr so. Und überhaupt die Passagen über die Frauen, stehen weit hinten in der Bibel, z.B. im 1.Korintherbrief, und das kann man nicht mehr so richtig zur Bibel zählen." Das sind Antworten, die ein fragendes Herz wahrlich beruhigen! Jeder pickt sich nur die Rosinen raus, und nennt das seinen Glauben. Man kann sich seinen eigenen Glauben, seine eigene Religion zusammenbasteln, wie es einem gerade beliebt. Doch die alles entscheidende Frage ist doch vielmehr, was hat Gott gewollt!? Ich behielt Recht mit meiner Vermutung, die Bibel war ein Volltreffer! Durch sie wurde mir klar, dass durch Menschenhand eine Religion begründet wurde, die Gott so, wie das Christentum heutzutage ist, nicht gewollt hat. Ich hatte die Gelegenheit, ein ausführliches Gespräch mit einem Muslim zu führen, der ein enormes Wissen hat. Aber nicht bloß über den Islam, sondern zu meinem Erstaunen auch über das Christentum. Er wusste so viel über die Propheten die ich von meiner Religion her kannte, z.B. über Abraham, Noah und Salomon, um nur einige zu nennen. Auch über Jesus wusste er sehr gut Bescheid. Ich kam aus dem Staunen nicht raus, dass ein Muslim so viel über das Christentum wusste. Er konnte mir ganz spontan, ohne viel nachzudenken, einfache und logische Antworten geben. Und zu alledem hatte er immer Beweise für die Richtigkeit seiner Behauptungen. Wenn ich heute an dieses Gespräch denke, wird mir bewusst, dass es gerade diese Diskussion war, die mich zu einer alles veränderten Entscheidung führte.
Es gab für mich nur eine logische Konsequenz aus all den gesammelten Informationen, die ich auf der Suche nach Belegen für die Richtigkeit des heutigen Christentums fand: Ich bekannte mich zum Islam. "Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allah gibt. Und ich bezeuge, dass Muhammad der Gesandte Gottes ist." Ich habe meine Scheuklappen verloren.

Mag. Dschihad Steininger


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