Aus der Zeitung WAZ vom 07.01.2003
"Wenn Fußball und Religion zum Politikum werden"
Es gibt nicht wenige, für die Fußball eine
Religion ist. Andere achten penibel darauf,
beides auseinanderzuhalten.
Nehmen wir zum Beispiel die
Fußball-Bundesliga in Deutschland. Eine stetig
umfangreicher werdende Spielordnung regelt so
ziemlich alles, was einen ordentlichen
Spielbetrieb gefährden könnte. Seit kurzem
gehört sogar die Rudelbildung dazu.
Auch der Torjubel ist paragrafiert. Wir
erinnern uns an brasilianische
Fußballkünstler, die nach einem Tor beim
Jubeln auf dem T-Shirt unter dem Trikot einen
Spruch oder ein Bild präsentierten. "Gott ist
treu" stand etwa auf dem Shirt des Stuttgarter
Adhemar aufgedruckt. Seit Beginn dieser Saison
darf auf dem T-Shirt (korrekter
Sprachgebrauch: Unterziehleibchen) keine
Botschaft mehr zu lesen sein, eben auch keine
religiöse Botschaft mehr. Andersgläubige
könnten sich verletzt fühlen.
Fußball und Religion, dies prallt auch im
protestantisch dominierten Schottland
aufeinander. In Glasgow etwa kommt es zwischen
den Anhängern von Celtic - mit überwiegend
katholischen Fans - und Rangers regelmäßig zu
Zusammenstößen.
Donald Gorrie packt nun das vermeintliche
Übel an der Wurzel. Der schottische
Parlamentsabgeordnete will den Torjubel
entschärfen: Das Sich-Bekreuzigen eines
Spielers sei eine provokative Geste, die
verboten werden müsse. Foul, sagt die
katholische Kirche Schottlands. Ein derartiges
Verbot sei ein Eingriff in die
Religionsfreiheit. Der Ball ist im Spiel.