Abgeschickt von Schalker am 22 April, 2002 um 18:01:23:
Antwort auf: Re: Thomasevangelium von NOCQUAE am 22 April, 2002 um 16:42:21:
Sorry, wenn ich mich hier einmische, aber die Bibel ist eine Sammlung historisch sehr interessanter Dokumente und kein "Schundwerk". Allein ihre Wirkungsgeschichte verbietet ein solches Urteil. Man muss die Bibel aber vor dem Hintergrund ihrer Zeit analysieren. Wir leben heute in einer anderen Zeit und bewerten dementsprechend anders. Und genau WEIL das so ist, müssen Theologen ja auch solche unglaublichen Verrenkungen vollbringen, um die Bibel ethisch erträglich rüberzubringen. Das ist ein Problem, das man prinzipiell mit Offenbarungen hat, an die man sich halten muss, die man aber nicht mehr ändern oder der Zeit anpassen darf (obwohl sie natürlich trotzdem ständig verändert wurde). Die Bibel muss genauso nüchtern betrachtet werden, wie z.B. Texte von Platon. Dass Gläubige das nicht können oder wollen, darf uns nicht dazu verführen, diese Schriftensammlung genauso emotional - nur eben mit negativen Vorzeichen - zu betrachten. Die Bibel selbst "kann ja nix dafür", dass sie Grundlage einer Weltreligion geworden ist! Aus HEUTIGER Sicht ist die Bibel moralisch unerträglich, da stimme ich zu - wer sie weiterhin als ethische Richtschnur bezeichnet, dem darf man getrost ein paar Textstellen um die Ohren hauen.Das Thomas-Evangelium gibt genauso viel oder wenig Aufschluss über Jesus, wie die kanonischen Evangelien. Ich bin auch mit der guten Seraph was Jesus angeht nicht einig. Ich denke einfach nicht, dass man wissen könnte, was Jesus getan, gedacht, gewollt oder empfunden haben könnte. Man kann das höchstens "glauben", aber da sind wir wieder beim Kernproblem...Bibelinterpretationen an sich sind ja völlig unverfänglich. Gefährlich wird es nur dann, wenn man meint, nicht nur eine gewöhnliche historische Quelle, sondern "Gottes Wort" auszulegen. Dann wird eine gewöhnliche Interpretation nämlich schnell zu einer Legitimation für Mord und Totschlag! BWG,O.