Re: Christenverfolgung - Soldaten - Mission

Abgeschickt von Roger Pfau am 21 Oktober, 2003 um 21:23:37:

Antwort auf: Christenverfolgung - Soldaten - Mission von Andreas (webmaster) am 21 Oktober, 2003 um 12:21:57:

: Gab es um ca. 64 eine Christenverfolgung?

Der Überlieferung nach begannen die Christenverfolgungen etwa ab dem Jahr 43, initiiert durch Herodes Agrippa. Im Jahr 64 sollen Petrus und Paulus in Rom im Rahmen der neronischen Christenverfolgung gestorben sein.


: Diese Leute könnten Jesus noch miterlebt haben. Auch wenn sie es nicht aufgeschrieben haben, sehe ich doch aus ihrem Opfer, dass sie schon sehr von Jesus überzeugt waren.

Das ist einerseits plausibel, andererseits spricht Überzeugtheit weder zugunsten noch gegen die Sache. Menschen können sich in all ihrer Überzeugheit täuschen.


: : : : dieser logik zufolge ist auch die göttlichkeit aller anderen menschen bewiesen, für die menschen in großer zahl in den tod zu gehen bereit waren.
: : : Wer wäre das dann?
: : Krishna, Adolf Hitler, Muhammed, Mao, Lenin uvm.

: Sehr witzig.

Nein, eigentlich nicht.

:: Seit wann gehen Soldaten für Gott in den Krieg? Sie gehen für Geld, zur Verteidigung, Bereicherung oder sonstigen Gründen in den Krieg.

Selbstverständlich. Sind Gläubige nie in den Krieg gezogen. Haben Priester nie Kanonen gesegnet. Wurden Kriege nie damit rechtfertigt, daß es heilige, gottwohlgefällige Kriege sind.

Ich stellte die Frage schon einmal und sie wurde nicht beantwortet: ist die Wahrheit einer Religion gleichzusetzen mit der Wahrheit ihrer Lehren, oder ist die Wirklichkeit ihrer Anhänger die Wahrheit der Religion?


": Muhammed war sich sehr sicher, dass er kein Gott ist und ich glaube die anderen auch. Übrigens auch Jesus."

Ich sprach nicht davon, daß oder ob einer der Genannten tatsächlich Gott sei. Ich habe lediglich Ihr Argument ernst genommen, und fand, daß es in diesem Fall keinen Grund gibt, es auf Jesus zu beschränken. Krishna hat explizit beansprucht, Gott zu sein, Buddha hat Gott und Götter als Traumgestalten entlarvt, für Hitler sind viele in den Tod gegangen, nicht nur, weil sie mußten, sondern weil der Nationalsozialismus durchaus religiöse Züge trug, in denen sie sich wiederfanden, und selbst Mohammed argumentiert mit dem Anspruch göttlicher Autorität, auch wenn er sie nicht auf sich selbst bezieht.

Ich habe das Gefühl, daß Sie sich ein bißchen arg eng am Wortlaut meiner Äußerungen orientieren, statt an ihrem Sinn.


": Übrigens haben die Anhänger von Jesus nicht gekämpft."

Verzeihen Sie, sobald die "Anhänger Jesus" die politische Macht im römischen Reich erst mal errungen hatten, wußten sie schlagartig wieder die eher konservativen Werte zu schätzen. Mag sein, daß ihre Anführer wirklich nicht mehr selbst kämpften. Dafür hat man schließlich den Pöpel.

": Diese Fehler wurden erst in den Kreuzzügen gemacht. "

Die Christianisierung Europas ging blutig vonstatten. Beinahe kein einziges Volk hat sich freiwillig unterworfen. Und die (übrigens getauften) Soldaten folgten zwei Schritte hinter den Missionaren.

: Zeugen Jehovas kämpfen auch heute noch nicht.)

Das ist die Legende, ja, und sie mag für die meisten Zeugen gelten. Es gibt da ein paar Ehemalige, die ein bißchen Aufkläungsarbeit betreiben, wie es hinter dieser und anderen Legenden wirklich aussieht, leicht zu finden im Internet. Nur falls es Sie interessiert.


": ... Bei allen anderen gab es eine Chance zu überleben und einen Gewinn zu Lebzeiten zu haben, während Anhänger von Jesus auf den Himmel fixiert sind."

Hübsche Legende. Leben wir auf derselben Erde?


": Wie oben schon angedeutet, gibt es große Unterschiede zu Jesus."

Menschen sind verschieden, nicht wahr? Ich will es so sagen: Jesus war auf keine substantielle Art anders anders, als alle Menschen anders sind wie alle anderen Menschen. Gewiß war er, so es ihn überhaupt gab, qua seines Menschsein anders als alle anderen Menschen. Das gilt genauso für alle anderen Menschen.


: Dann gibt's vielleicht doch keine Nachteile. Warum also nicht gläubig sein?

Es besagt lediglich, daß "Glauben" nichts besagt.

: Und wenn er Ihnen eine wichtige Nachricht gegeben hätte, die sie verbreiten sollten? (Irgendwelche Szenarien ließen sich konstruieren.)

Wenn es des Bundeskanzlers Vision ist, mag der Bundeskanzler für ihre Verbreitung sorgen :-) Auch ein real existierender Gott würde mich nicht zu einem Befehlsempfänger degradieren :-) Und wenn er es versuchte, würde ich ihn als Dämon begreifen. Ich befürchte, daß ich nicht dafür tauge, in einem Krieg als Bauernopfer dargebracht zu werden.


: : Wie ich schon sagte, ich bin Zen-Praktiker. Meine Erfahrungen ähneln den Beschreibungen, die ich bei manchen christlichen Mystikern gefunden habe, vornehmlich Meister Eckhardt, aber auch beim späten Thomas v. Aquin, mit einem fundametalen Unterschied, den ich auch schon benannt habe.

: Welcher war dies?

Die "Erfahrungen" eines Zenpraktikers sind eine Fähigkeit des menschlischen Geistes, nicht aber eine Art Offenbarung, die von einem höheren Wesen eingespeist wird.

: : Sie würden bei vergleichbaren Erfahrungen wahrscheinlich sagen, Gott habe zu Ihnen gesprochen; ich kann nur berichten von der offenen, weiten Klarheit des Geistes. Wenn wir diese Erfahrungen teilen sollten, wissen Sie, daß diese Erfahrungen nicht als Argument taugen.

: Sie können nicht beweisen, dass Sie diese Erfahrung hatten.

Das ist korrekt :-) Hatte ich es denn vor, zu beweisen?

Davon abgesehen dreht sich meine Kritik an gläubigen Auffassungen nicht um die Frage, ob Sie die von Ihnen beanspruchten Erfahrungen tatsächlich gemacht haben oder nicht. Ich glaube Ihnen das ohne weiteres, und wenn Sie mich damit belügen wollten, sei Ihnen auch dieses Vergnügen gegönnt :-) Ich weiß aus Erfahrung :-), daß jeder bewußte Christ mir von seinen Erfahrungen mit Christus berichten wird. Doch Erfahrungen besagen erst etwas im Rahmen einer Deutung. Unser Disput dreht sich um die Problematik der Deutungssysteme.

: Wenn Sie glauben, dass dies für alle Menschen gut wäre, hätten Sie keine Argumente, Leute davon zu überzeugen.

Ich hege keinen Wunsch, Menschen von meinen Erfahrungen zu überzeugen, oder von den Erfahrungen anderer. Wenn es überhaupt einen Weg in die Freiheit gibt, dann ist der für jeden Mensch höchst intim und nur dann von Wert, wenn er selbst gefunden und ergangen wird.

: Ich weiß es nicht mehr genau, versucht Buddhismus auch andere Leute zum Buddhismus zu bringen?

Es gibt unterschiedliche Überlieferungen hierzu. Die mir sympathischste besagt, daß Buddha selbst nichts dergleichen vorhatte, da er die Überflüssigkeit solches Unterfangens einsah. Menschen sind bis ans Ende ihrer Existenz Wesen, die Leid verursachen und sich nicht davon abbringen lassen, auch nicht von ihm. Ein paar seiner Vertrauten haben ihn dann dazu bewegt, die "Edlen Wahrheiten" und den mittleren Weg zu formulieren, weil anders angeblich die Welt aufgehört hätte, zu existieren :-)

In den diversen Fahrzeugen wird im unterscheidlichen Maße Mission betrieben.

: Müßten sie eigentlich um das Leid zu reduzieren, oder?

"müssen" ist ein Wort, das dem Wesen des Buddhismus so fremd ist wie "Vergebung" einem amerikanischen Südstaaten-Christen, der die Todesstrafe befürwortet :-)

: Wozu? Es wurde schon alles gesagt.

kennen Sie die Geschichte von dem Bergbauern, der sich nach 10 Jahren Ehe wunderte, daß seine Frau ihn verließ? Er fragte sie noch, weswegen sie es tue, und sie antwortete ihm, weil er ihr nie sage, daß er sie liebe. Da brummte der Bauer, daß er ihr das doch bei der Trauung gesagt habe :-) Sie verließ ihn trotzdem, und wissen Sie, womit? Mit Recht :-)

Um es etwas weniger profan auszudrücken: wenn ich einen Menschen liebe und den Wunsch hege, daß dieser Mensch es weiß, muß ich es ihm dort zeigen wo er es sehen kann, und in einer Weise, die er verstehen kann. Und zwar immer wieder, denn nichts ist in dieser Hinsicht ein für alle Mal.


: : Lesen wir dieselbe Bibel?

: Ja, nur vielleicht ist das Verständnis nicht gleich.

Wie wahr, wie wahr.

: : Und kennen Sie die Grundsätze des christlichen Fundamentalismus, wie er in sehr vielen Freikirchen verbreitet ist?
: Nein. Mir ist die Bibel wichtiger.

Als ihre ureigenste Entscheidung unantastbar. Sollten Sie gelegenlich doch nicht vermeiden können, mitzubekommen, was andere Christen so denken, werden Sie vielleicht verstehen, was ich meine :-)

: Da freut sich der Teufel, wenn man nicht dem die Ehre gibt, dem sie gebührt.

Muss ich es sagen?


: Woher ist alles entstanden? Hat Zen darauf eine Antwort?

"Zen" in Gestalt seiner Praktiker wird Ihnen sagen, daß Antworten Teil des Problems sind, nicht Teil der Lösung.


Freundlichen Gruß
Roger


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