Re: Christentum

Abgeschickt von Simon am 19 August, 2002 um 19:25:53:

Antwort auf: Christentum von RH am 18 August, 2002 um 18:49:34:

Hallo RH,

du führst einige interessante Punkte an. Ich habe aber drei Einwände:

"Die Errungenschaften der Demokratie kamen erst im Zuge der Zurückdrängung des kirchlichen Einflusses zur Geltung, wie Gleichberechtigung von Mann und Frau,Religionsfreiheit, Trennung von Staat und Kirche, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit Freiheit von wissenschaftlicher Forschung..."

In diesem Punkt hast du recht, wenn du sagst, daß manche Kirchen in der Vergangenheit Fehler gemacht haben. Ich glaube zwar nicht, daß etwas demokratisch sein muß, um richtig und wahr zu sein (Hitler wurde auch gewählt), aber du hast recht: Vieles, was wir heute zurecht als westliche Errungenschaften betrachten, wurde vor allem von der römischen Kirche zeitweise bekämpft. Trotzdem: Wichtige Ideen wie die von der individuellen Freiheit, die Menschenrechte,Trennung von Kirche und Staat und auch die Meinungsfreiheit haben christliche Wurzeln. Ein Blick in die Schriften wichtiger Aufklärer zeigt, daß diese alles andere als Atheisten waren. Ein Beispiel: Unsere Demokratie beruht auf der Idee der Gewaltenteilung, d.h. kein Mensch oder Gremium sollte soviel Macht haben, daß er oder es unkontrolliert über andere herrschen kann. Diese Idee wurde u.a. von John Locke entwickelt. Er berief sich dabei auf das Christentum: Da kein Mensch perfekt ist (alle Menschen sind Sünder) wird ein einzelner Mensch immer Fehler machen. Um zu verhindern, daß zwangsläufig sündhafte Menschen einer ganzen Gesellschaft schaden, muß man verhindern, daß Einzelne zu viel Macht erhalten. Auf der selben Grundlage wurde die Idee der Meinungsfreiheit entworfen: Da kein Mensch perfekt sein kann, kann sich jeder Mensch irren. Es sollte daher keinem Menschen erlaubt sein, anderen ihre Meinungen zu verbieten. Meinungsfreiheit wird heute jedoch oft falsch vestanden, in dem Sinne, daß nicht mehr zwischen wahr und falsch unterschieden wird. Zur Idee der Trenung von Kirche und Staat: Diese ist wörtlich in der Bibel enthalten und wurde schon vor der Aufklärung praktiziert (wenn auch unvollkommen). Du erinnerst dich vielleicht daran, daß der Kaiser die weltliche und der Papst die geistliche Autorität war? Es sind nicht zufällig die Länder mit christlicher Tradition, in denen die von dir genannten Errungenschaften am weitesten verbreitet sind. Wirf einen Blick auf muslimische Staaten, und du weisst, was ich meine.

: Also, Du wirst begreifen müssen, daß man jedes dieser Bücher
: Bibel, Koran und Thora benutzen kann um jemandem zu schaden und
: das auch noch zu rechtfertigen, weil es ja da stünde schwarz auf
: weiß. Das wird keine friedliche Welt geben.

Bibel und Koran unterscheiden sich in den zentralen Punkten: Menschenbild und Gottesbild. Im Koran ist der Mensch potentiell vollkommen, das Problem der Sünde im christlichen Sinne existiert nicht. Wie oben gesagt, ist die Idee der Unvollkommenheit des Menschen die Grundlage dafür, daß es so etwas wie Meinungsfreiheit und Demokratie gibt. Nur wenn ich anerkenne, daß ich nicht vollkommen bin, brauche ich einem anderen Menschen zuzuhören. Nach islamischer Sicht ist ein Mensch jedoch perfekt, wenn er Allah vollständig gehorcht. Ein solcher Mensch hat philosophisch keinen Grund mehr, "Ungläubigen" gegenüber tolerant zu sein. Der Gott der Muslime, Allah, hat dementsprechend keinen Grund, Menschen ohne Gegenleistung zu vergeben. Die Liebe Gottes steht allen Menschen offen, die Liebe Allahs gilt nur für Menschen, die perfekten Gehorsam zeigen.
Es wäre also sicherlich zu einfach zu sagen, daß alle Religionen gleich sind. Wer sich die Mühe macht, sie näher zu betrachten, wird auf bedeutende Unterschiede stoßen.


: Und in neuer Zeit kommen ganz andere Leute, faseln was von UFOs und Außerirdischen
: und, daß man das alles feste, feste glauben müsse, genauso, wie vor 2000 Jahren
: eine kleine Gruppe namens Christen behauptete, Jesus würde sie ganz lieb haben.
: Auch die Außerirdischen hätten die Menschen ganz toll lieb, wenn Du nur dran glaubst
: an die UFOs. Und sie erzählen, ach wie viele Beweiße sie doch hätten selbst in
: Bild und Ton und alles sind Fälschungen ganz genau so, wie vor 2000 Jahren
: jemand anfing zu behaupten, er hätte einen Gott gesehn oder gespürt.
: Er hat sich was VORGEGAUKELT. Aber die Menchen damals konnen nicht genau nachsehen.
: Sie mußten glauben, denn ihnen fehlten die Methoden zur exakten Aussage über das
: Universum. Und nur einfach glauben?? Weißt Du, Chris, da kann man böse reinfallen,
: wenn man glaubt, denn glauben heißt, daß man sich einer von mehreren Möglichkeiten
: anvertraut, ohne selbst wirklich zu wissen, was ist und was nicht. Das kann keine
: schlüssiges Weltbild sein.

Christ sein bedeutet keinesfalls, sich auf einen irrationalen Aberglauben einzulassen. Du kannst z.B. die pholosophischen Aussagen des Christentums mit denen anderer Religionen und atheistischer Ideologien und Philosophien vergleichen. Du kannst rational überprüfen: Entspricht das Menschenbild des Christentums den Tatsachen? Gibt das Christentum überzeugende Antworten auf moralische und philospische Herausforderungen der menschlichen Existenz? Die Bibel fordert den Menschen auf, mit dem Verstande zu prüfen!

Gruß

Simon



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